Feb 21, 2015 | angesehen, Blog |
Beim Durchschauen alter Klickzahlen ist mir der letzte (Serien)-Post aufgefallen, den ich dann doch vor dem Verschwinden retten wollte. Allerdings fordert er auch Widerspruch heraus. Denn einerseits ist es süß, die eigene Faszination gegenüber dem Serien-Schauen – „close watching“ – zu sehen, andererseits sind neue Serien dazu gekommen, die erwähnt werden müssen.
True Detective (IMDB) – das beeindruckendste Filmwerk, das ich seit langem gesehen habe. Düster, nachdenklich, schauspielerisch beeindruckend und zum Nachdenken anregend ist diese Kurzserie um zwei Polizisten in den Südstaaten und ihre Suche nach einem Massenmörder in den 90er Jahren ein durch und durch beeindruckendes Kunstwerk. Jede der 8 Episoden war hervorragend und meine Vorfreude (und damit die Fallhöhe) für die bald erscheinende zweite Staffel ist gewaltig.
House of Cards (IMDB) – die tolle und zutiefst zynische Netflix-Serie mit dem wunderbaren Kevin Spacey. So durchtrieben, rein macht- und ego-gesteuert und gleichzeitig zutiefst unmenschlich wünscht man sich den Politik-Betrieb, denn alles andere wäre noch deprimierender. Wie sich Francis Underwood langsam zum Präsidenten der USA intrigiert ist sehenswert. Leider sind ein paar wirklich übertriebene „turns“ im Plot, die Glaubwürdigkeit rauben. Trotzdem absolut sehenswert.
Modern Family (IMDB) – ist eine unterhaltsame Comedy im konsumfreundlichen 23-Minuten-Format. Anfänglich wirklich witzig geht es in den späteren (und heute insgesamt sechs) Staffeln etwas repetitiv voran. Aber die Story um den knorrigen Alten mit der jungen Latina-Frau, seine beiden Kinder – eine Trophy-Frau mit ihrem den väterlichen Ansprüchen nie genügenden Ehemann und ein schwuler Sohne mit Lebenspartner und Adoptivkind – ist erfrischend. Und immer wieder schön ist Ed O’Neil, der alte Haudegen Al Bundy aus „Eine schrecklich nette Familie“ als reiches Familienoberhaupt anzusehen. Vielleicht ist alles etwas zu sehr auf das pädagogisch korrekte und absolut harmonische Gute-Laune-Ende ausgerichtet, aber Spaß macht sie trotzdem.
[Update] Ich habe „The Honorable Woman“ total vergessen (IMDB) – Eine britische, achtteilige und wahnsinnig komplexe Miniserie über eine jüdische Familie aus Großbritannien und den Nahostkonflikt. Die ersten Episoden sind wirklich nahezu undurchschaubar, aber gegen Ende klärt sich alles auf. Nur leider fangen dann die an sich großartigen Schauspieler in ihren eindimensionalen Rollen an zu nerven. Irgendwann haben mich die Rehaugen von Maggie Gyllenhaal und der Hundeblick von Stephen Rea auf den Zeiger. Trotzdem sehenswert.
Feb 18, 2015 | Blog |
Serien sind heute nicht einfach nur Serien, sie sind Super-Serien, oder Mini-Serien. Und kurz bevor es in den Archiven des Internet verschwindet, hier eine kleine Zusammenfassung meines Serien(bildungs)stands, zuerst erschienen am 08.07.2012 auf dwr-dwr.de:
Super-Serien / Serien-Filme
„Was in der letzten Folge passierte….“ – mit diesen Worten werden oft die Episoden jener Serien angekündigt, die einer über die einzelnen Episoden greifende Narration folgen. Mit dem kurzen Rückblick werden die vergangene Handlung in Erinnerung gebracht und Referenzpunkte für die kommende Episode gesetzt. Dieser kurze Satz ist für mich immer wieder störend, denn Langzeitserien wie The Wire, Lost, Breaking Bad etc. im Fernsehen zu verfolgen ist für mich ein „close viewing“, das heißt ich schaue sie mir am liebsten auf DVD (oder wenn möglich online) an. Wer täglich wenigstens eine Episode sieht, steigt viel tiefer in die Handlung und die Figuren ein, als wenn die Episoden nur wöchentlich angeschaut werden können. Und ich empfinde es immer wieder als eine wahrlich beeindruckende Leistung, eine Serie so zu schreiben, dass auch bei einem „close viewing“ die Spannung nicht verloren geht. Das „close viewing“ erlaubt viel weniger Redundanzen und Brüche, als ein wöchentliches Sehen. Und vielleicht ist das „close viewing“ für mich heute die Erfahrung, die es früher beim Lesen eines Roman gab: das Verlieren in einer fremden Welt, in fremden Personen. Dieses Abtauchen und Verlieren ist für mich heute aber die (!) zentrale Erfahrung dieser Serien-Movies, die Dank Cliffhanger-Enden oft auch ein suchtartiges Ansehen fordern. Übrigens ist es beeindruckend und furchtbar schade, dass keine einzige dieser Serien in Deutschland produziert oder gedreht wurde. Damit ist das vielleicht nicht mehr ganz so neue Phänomen der Super-Serie bzw. des Serien-Films nachwievor ein rein nordamerikanisches, auch wenn ich das aufgrund der Zuschauerresonanz bei uns kaum verstehen kann. Aber hier scheint mit Tatort, Küstenwache und Polizeiruf die Fernsehserie noch nicht über das Stadium eines Serials hinaus gekommen zu sein.
Zur persönlichen Dokumentation und einer rudimentären Einordnung anbei meine unvollständige und vollkommen subjektive Serienliste:
Die großartigen Serien-Filme mit Suchtgefahr:
- The Wire, (IMDB) – Krimi. Telefonüberwachungseinheit der Polizei von Baltimone im Kampf gegen organisiertes Verbrechen. Meines Erachtens die beste existierende Serie. Spannender Plot und ausgefeilte Figuren, deren Entwicklung sich über diverse Episoden hinweg eine Auszeit nimmt, um dann wieder Fahrt aufzunehmen. Hochgradig spannend, unterhaltsam und verdammt gut recherchiert. Unbedingt im englischen Original mit Untertitel schauen (die sind notwendig, weil man den Baltimore-Dialekt erst nach ein paar Episoden ansatzweise versteht.
- Breaking Bad (IMDB) – Krimi. Krebskranker Highschool-Lehrer wird zum Drogenproduzent. Eine der besten Serieneröffnungen, die erste Episode ist fantastisch. Auch danach fällt sie kaum ab, der Plot bleibt hochgradig spannend, die Figurenentwicklung wird ab Staffel 3 etwas statisch, bleibt aber immer noch sehenswert.
- Battlestar Galactica (IMDB) – Science Fiction. Die neue Serie von 2004-2009 ist gemeint: die Zivilisation ist von einem Überraschungsangriff intelligenter Roboter fast vernichtet, der verbliebene Rest auf der Flucht und auf der Suche nach einer neue Welt. Erstaunlich, dass es von den großartigen Serien so wenig im SF-Genre gibt, das mit der ursprünglichen Battlestar Galactica und Star Trek und wie sie alle heißen doch gute Vorlagen liefert. BG ist düster, klaustrophobisch, ein beeindruckender Mix aus High- und Low-Tech. Die Figuren bleiben bis auf die etwas langatmigen Teile, in denen auf Planeten verweilt wird, spannend. Episoden- und staffelübergreifende Entwicklungen sind beeindruckend und eine der wenigen Serien, die auch ein einigermaßen gutes Ende besitzen.
- Homeland (IMDB) – Mystery. Afghanistan-Veteran kehrt in die USA zurück, aber es ist unklar, ob er nicht inzwischen zu einem Spion der Gegenseite geworden ist. Eigentlich zu früh, um die Serie aufzunehmen, denn es gibt erst eine Staffel und ob eine Serie wirklich großartig wird, zeigt sich meist erst nach zwei bis drei Staffeln. Aber das Setting ist überraschend anders und die Figuren sind spannend. Großartig! (Update: Die zweite Staffel kann mit dem Hype der ersten noch mithalten, Staffel 3 und 4 sind deutlich schwächer).
- The Sporanos (IMDB) – Krimi. Für viele die beste Serie überhaupt, vermutlich da sie 1999 eine der ersten Serien mit episodenübergreifender Handlung und Figurenentwicklung gewesen ist. Vielleicht aus diesem Grund für mich etwas enttäuschend, da ich bereits The Wire und Lost davor gesehen hatte und die Handlung um den Mafia-Paten Tony Soprano auf Dauer doch zu repetitiv und die Figuren zu holzschnittartig sind. Aber das vielleicht beste Ende einer Serie aller Zeiten!
- True Blood (IMDB) – Vampir / Fantasy. Eine der gefühlt unzähligen Vampir-Serien, um die dralle Südstaaten-Schönheit Sookie Stackhaus. Eigentlich nur unterhaltsam, wenn da nicht das sympathisch (white)-trashige Setting, die selbstironisch überzeichneten Figuren und der vielleicht beste Trailer aller Serien wäre. Und ein extrem guter Soundtrack. (Leider wird es auch hier nach der 4. Staffel repetitiv und etwas eintönig).
- Lost (IMDB) – Mystery. Vielleicht die bekannteste der „neuen“ Super-Serien um die Überlebenden auf einer mysteriösen Südseeinsel. Ein wahnwitziger Serienstart und Drehbuchautoren die merklich Lust daran haben, in jeder Episode mehr Rätsel aufzugeben als sie lösen. Das trägt lange, wird erst mit Season 5 und 6 zu bemüht und zu kompliziert, aber an dieser Stelle ist Aussteigen keine Option mehr. Die Schauspieler sind für mich mitunter so verbraucht, dass sie mir in anderen Filmen immer erst als Lost-Charakter erscheinen. Die Cliffhanger-Enden diverser Episoden, die sich mit entspannten Enden abwechseln, geben den Staffeln einen ganz eigenen und beeindruckenden Rhythmus beim schnellen Anschauen. Leider ein wirklich furchtbar schlechtestes Ende der Serie.
- Dexter (IMDB) – Krimi. Sehr spannende Serie um den Bloodsplatter-Analyst im Dienst der Polizei und gleichzeitig Massenmörder Dexter. Die zweite Staffel mit mehr Cliffhanger-Enden spanndender als die erste. Die Figurenentwicklung ist nicht ganz so spannend, aber der freundich-psychopathische Serienkiller als Hauptcharakter trägt auch für sich.
- 30 Rock (IMDB) – Comedy (Serial). Großartige Comedy Serie über eine Comedy-Serie. Herrlich absurd und mitunter übersteigert selbstreflexiv. Aber man merkte den Drehbuchautoren an, dass sie Spaß daran haben, ihre absurd überzeichneten Charaktere immer wieder auf die Probe zu stellen. Figurenentwicklung ist nur wenig vorhanden und die einzelnen Folgen sind meist problemlos unabhängig voneinander anzuschauen, aber auch nach sieben Staffeln zieht 30 Rock dank seiner beiden Hauptdarsteller noch.
Unterhaltsam und nett anzuschauen, aber eher Ablenkung als Bereicherung:
- Firefly (IMDB) – Space Western (Serial). Man muss so etwas wirklich mögen. Schweine im Weltraum? Warum nicht Cowboys im Weltraum. Trashig, absurd, lustig und viel zu schnell wieder abgesetzt. Tolle Unterhaltung.
- Game of Thrones (IMDB) – Fantasy. Eine blutrünstige Metzelserie, spannend, unterhaltsam, aber auf Dauer doch zu vorhersagbar. Die Figurenentwicklung bleibt hinter der Lust am Gemetzel zurück und es gibt moralische Vorbehalte, da in jeder Episode diverse Charaktere, mitunter sehr bestialisch, abgeschlachtet werden.
- Mad Men (IMDB) Geschichte. Eine Werbe-Agentur und ihre Mitarbeiter in den 50er und 60er Jahren in New York. Die ersten beiden Staffeln sind ohne Zweifel beeindruckend und absorbieren, allein schon wegen des liebevollen Settings, das sich eben nicht in Anzügen und dauerndem Rauchen und Trinken beschränkt. Aber spätestens seit der dritten Staffel ist die Luft raus, die Figuren sind statisch, es passiert wenig und das, was passiert, wirkt zu oft aufgesetzt.
- The Walking Dead (IMDB) – Zombie. War mit großem Getöse gestartet, als erste Zombie-Serie in dieser zombieverrückten Zeiten. Die erste Staffel war entsprechend spannend, auch wenn im Prinzip etwas langweilig, da die einzelnen Folgen vom Spannungsaufbau oft identisch sind. Auf Dauer auch hier leider etwas statisch in Handlung und Figurenentwicklung, auch wenn das Ende der zweiten Staffel eine spannende dritte Staffel versprach.
- Big Bang Theory (IMDB) – Comedy (Serial). Auch aus persönlichen Gründen war da Interesse an den Physik-Nerds und ihrem Leben. Lustig sind die Zwanzigminüter allemal, auch wenn die Figurenentwicklung minimal ist. Für einen schnellen Lacher immer gut.
- Rescue Me (IMDB) – Feuerwehr / Mystery. Serie um den durch 9/11 traumatisierten Feuerwehrmann. Hat gut begonnen, zeichnet sich durch hervorragende Musik in vielen Folgen aus, leidet auf Dauer aber unter zu statischen Figuren und einer repetetiven Handlung. Dennis Leary ist ein großartiger Unsympath und seine Besuch bei Jon Stewart immer sehenswert, als Fernsehserie trägt er alleine aber keine 4 Staffeln,
- Buffy the Vampire Slayer (IMDB) – Vampir (Serial). Eine der ersten Serien, ähnlich wie die Big Bang Theory mit repetetiven Serien und nur sehr langsamer Figurenentwicklung. Aber die Kampfsportkämpferin mit der beeindruckenden Oberweite und die trashigen Kostüme haben eine eingeschworene Fangemeinde. Ich habe sie schon lange nicht mehr gesehen, fand sie vor Jahren im Spätabendprogramm aber ganz witzig.
Und nun noch die uninteressanten bis ärgerlichen Erzeugnisse, die ich mir zumindest ein paar Folgen lang angeschaut habe:
- Terra Nova (IMDB) – Science Fiction. Zeitreise in die Vergangenheit der Erde, als noch Dinosaurier lebten. Terra Nova ist eine ärgerliche Ansammlung von schlecht geschriebenen Folgen mit teilweise haarsträubenden logischen Fehlern. Dazu noch eine Familienwertepropaganda um eine unmenschlich gutmenschelnde Bilderbuchfamilie. Ärgerlich.
- The Vampire Diaries (IMDB) Vampir. Teenieserie mit stets furchtbar coolen Hauptdarstellern und ewig leidenden Hauptdarstellerinnen. Irgendwie geht es um Übersinnliches, aber im Grunde immer nur um Beziehungsproblemen. Für mich absolut uninteressant.