Toller Norwegen-Krimi: Jo Nesbø – „Der Schneemann“

Toller Norwegen-Krimi: Jo Nesbø – „Der Schneemann“

Junge Frauen werden auf bestialische Weise getötet und es gibt keine Spur von einem Täter. Der emotional mitgenommene Kommissar und Gelegenheitsalkoholiker Harry Hole – bester Ermittler von Oslos Polizeibehörde und einziger Experte Norwegens für Serienkiller – kämpft sich mehr gegen als mit seinem Team durch die verwirrenden Details des Falls. Aber als er dem Mörder endlich auf die Schliche zu kommen scheint, muss er feststellen, dass er selbst schon längst in dessen Visier geraten ist. Am Ende kommt es zu einem teuflischen Wettrennen.

Der Schneemann“ ist ein kurzweiliges Buch, ein guter Krimi, das siebte Buch aus der Reihe um den norwegischen Ermittler Harry Hole und zugleich das erste aus dieser Reihe, das ich gelesen habe – was dem Lesespaß aber keinen Abbruch getan hat, eher im Gegenteil. Beim Lesen drängte sich der Eindruck auf, dass der bärbeißige, schlaue aber auch verschrobene Harry Hole etwas zu klischeehaft daher kommt und auf Dauer langweilig werden könnte.

Aber als erste Begegnung ist das Buch von Jo Nesbø gut gelungen. Es gibt erfrischende Perspektivwechsel und Cliffhanger, die nicht auf reine Effekte abzielen, sondern meist beiläufig daher kommen im nächsten Schritt auch schon wieder aufgelöst werden. Und selbst der Teilzeitalkoholiker Hole hat wunderbar überraschende Dialoge. Auch das Setting macht Spaß, der Krimi spielt an verschiedenen norwegischen Schauplätzen, hauptsächlich aber in Holes „Revier“ Oslo, wobei aber die Bezüge zu Norwegen nur dezent gesetzt sind und wegen des den Titel gebenden Schneemanns auch viel Sinn machen.

Ganz kurz: Sehr gerne gelesen. Kurzweiliger Norwegen-Krimi. Bei Amazon anschauen (Affiliate-Link).

Im Dickicht von Louisiana – „The Glass Rainbow“ von James Lee Burke

Im Dickicht von Louisiana – „The Glass Rainbow“ von James Lee Burke

Das wunderbare an (m)einem Vorrat ungelesener Bücher ist der Überraschungseffekt. Selten kann man ja ganz naiv, ohne das angehäufte Vorwissen und die reiflich gebildeten Vorurteile in eine Geschichte eintauchen. Das fängt schon beim Autoren, dem Regisseur eines Filmes oder bei einem Setting an. Aber ich liebe diese Naivität und die Überraschungen, die sich mitunter daraus ergeben. Ich werde nie vergessen, wie ich die „Truman Show“ an Bord eines Flugzeugs zum ersten Mal sah, mir war die Geschichte komplett unbekannt und es war großartig, wie sich langsam alleine aufgrund der merkwürdigen Kameraeinstellungen das Gefühl einstellte, dass dieser Mann beobachtet wird. Jeder der die Geschichte der Truman Show kennt, wird diesen Effekt nicht mehr spüren, diese leichte Irritation, warum denn wohl gerade so ein merkwürdiger Blickwinkel aus dem Armaturenbrett des Autos gewählt wurde, die schleichende Vorahnung, die dann bestätigt wird. Und um weiter solche Erfahrungen zu machen, habe ich mir inzwischen einen beeindruckend großen Vorrat an ungelesenen Büchern angelegt, auf die ich bei Bedarf zurückgreifen kann. Manchmal ist es die Empfehlung eines Freundes, manchmal eine begeisterte Rezension oder eine Top-10-Liste, die mich verleitet. Zum Glück vergesse ich meistens, warum gerade dieses Buch in meinem Pool schwimmt. Das finde ich herrlich. Ich mag Geschichte am liebsten gut abgehangen.

„The Glass Rainbow“ von James Lee Burke ist so ein Fall, den ich naiv und ohne viel Vorwissen zu lesen begonnen habe. Die Sprachgewalt und die dichte Atmosphäre des Buches macht schnell klar, dass hier kein Anfänger schreibt. Aus der Konstellation der Figuren erahnt man, dass es auch nicht das erste Buch dieser Protagonisten ist. Nein. Es ist sogar bereits der achtzehnte Thriller mit Dave Robicheaux, einem Cajun-Polizist, Ex-Vietnam-Veteran und trockenem Alkoholiker in Acadiana, der Heimat der französischsprachigen Bevölkerung im Süden von Louisiana. Diese Heimat spielt eine zentrale Rolle in „The Glass Rainbow“, die verfallenen Südstaaten mit ihren Bräuchen und sozialen Zerwürfnissen, die Nähe zum Mississippi und zum Wasser überhaupt, das mit Flüssen und Seen und schließlich dem Marschland zum Golf von Mexico nur schwer vom Festland unterschieden werden kann.

James Lee Burke ist in der Tat ein Großmeister des Thrillers. Zumindest hat er 2009 den Großmeister-Preis der Mystery Writers of America erhalten. „The Glass Rainbow“ stammt aus der Reihe um Dave Robicheaux und seinem Sidekick Clete Purcel. Diesmal geht es um zwei sadistische getötete Mädchen und seine Adoptivtochter Alafair, die an ihrem ersten Roman arbeitet und einen bekannten Autor aus einer alten und einflussreichen Familie in Louisiana dated. Während die Roman-Reihe normalerweise übernatürliche Elemente enthält, so ist davon in „The Glass Rainbow“ nur wenig zu lesen.

Das Buch macht Spaß, ist gut geschrieben und besonders die dichte Atmosphäre im Süden Louisianas bleibt in Erinnerung. Auch sprachlich ist es mehr als leichte Unterhaltung, die hier geboten wird. Nur leider fällt der Plot gegenüber dem begeisternden Setting und den interessanten Figuren doch etwas zurück. Zu lange mäandert die Nachforschung ohne Fortschritt herum. Der mehr Action geladene zweite Teil des Buches kommt überraschend, aber auch wie eine kleine Erlösung. Aber leider ist es nach all den Ermittlungen zum Schluss ein Deus-Ex-Machina, der die Ermittlung voran bringt und Dave just im allerletzten Moment endlich einfallen lässt, was er schon längst auf einem Beweisvideo gesehen hatte, aber all die Zeit nicht einordnen konnte. Das lässt am Ende ein wenig Enttäuschung in diesem sonst guten Whodunnit-Krimi zurück. Trotzdem eine Leseempfehlung.

Stich ins Herz – Erster Teil der São Paulo Reihe

Stich ins Herz – Erster Teil der São Paulo Reihe

Ein toter Fußballfan in einer einsamen Straße am Abend eines Fußballspiels zwischen zwei der Stadtrivalen von São Paulo ist für die Polizei kein Grund, genauer zu ermitteln. Nur der Journalist und Start-Up-Unternehmer Diogo, der eher zufällig am Tatort ist aber dem Opfer auf eine unheimliche Art ähnlich sieht, recherchiert auf eigene Faust und gerät so erst auf die Spur eines sehr idealistischen Portiers und später ins Fadenkreuz von Personen, mit denen er sich nie anlegen wollte.

Alärmchen aus Schweden

Zurück von einem Ausflug in mehrfacher Hinsicht: nach Schwerden, ins Krimi-Genre und in die 70er Jahre. Und alles auf Empfehlung eines Freundes und weil ich mich mal wieder mehr mit Krimis beschäftigen wollte. Und diesem Gedanken ist es dann auch zu verdanken, dass ich „Alarm in Sköldgatan“ bis zum Ende gelesen habe, denn nach etwas mehr als der Hälfte ist sowohl mir, als auch dem Buch deutlich die Luft ausgegangen.

Aber es ist einfach einen Krimi zu kritisieren („krimisieren“ drängt sich greadezu auf), der schon so viele Jahre hinter sich hat. Erstaunlich eher, dass er mich auch heute noch, zumindest anfänglich, fesseln konnte.

Das liegt zum einen am schönen Auftakt – die ersten beiden Kapitel sind für mich auch die besten des ganzen Buches: da erschießt sich ein Mann und hinterlässt nur auf einem Zettel den Namen des Kommissars. Und kurze Zeit später explodiert ein Haus, das seit geraumer Zeit unter Beobachtung steht. Danach beginnt die Polizeiarbeit und damit leider auch der langsame Teil des Buches.

Nun mag ich ruhige Geschichten eigentlich, nur leider sind Martin Beck und seine Kollegen – es gibt eine ganze Krimireihe von Maj Sjöwall und Per Wahlöö – weder sonderlich interssant noch sympathisch. Und auch die Geschichte kann auf Dauer nicht wirklich faszinieren, gerade weil die neuen Impulse der Geschichte meist als Deus-Ex-Machina geliefert werden, d.h. einfach so und ohne Vorwarnung auftauchen.

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